Quelle: av-finance.com / 24.11.2017


Die Versicherungsbranche wird sich in den nächsten Jahren rapide verändern. Die Unternehmen stehen vor der Aufgabe, sich einer neuen Generation von Kunden anzupassen. Für die Versicherer werden Flexibilität, Kundenfokus und Geschwindigkeit immer wichtiger.

Start-ups haben die daraus resultierenden Chancen erkannt und drängen mit neuartigen Angeboten auf den Markt. Versicherer müssen jetzt handeln, sonst laufen sie Gefahr, nur noch zu reagieren, anstatt die Zukunft proaktiv mitzugestalten.

Bislang sind bereits 16 Milliarden Euro Kapital in weltweit über 1300 InsurTechs geflossen und die Dynamik ist weiterhin hoch. So sind alleine im ersten Halbjahr 2017 mehr als 825 Millionen Euro in InsurTechs investiert worden. Trotz dieser positiven Entwicklungen haben es bislang nur wenige InsurTechs zu durchschlagendem Erfolg geschafft, der mit dem der Unicorns Zhong An oder Oscar zu vergleichen wäre. Besondere Schwierigkeiten bereitet die Gewinnung von neuen Kunden. Man darf jedoch nicht vergessen, dass sich der Sektor gerade in Deutschland in einer frühen Entwicklungsphase befindet.

Bislang sind nur wenige InsurTechs als echte Versicherer tätig. Die Start-ups sehen in der Schwäche der etablierten Player eine Chance und wollen Prozesse optimieren. Eine Mehrzahl versteht sich als Lieferanten und geht Kooperationen mit Versicherern ein. Es ist eine bemerkenswerte Vielfalt in den Geschäftsmodellen der InsurTechs festzustellen, die auf verschiedene Glieder der Wertschöpfungskette abzielt.

Eine hohe Zahl an InsurTechs konzentriert sich auf die Distribution. Das kalifornische InsurTech Trov bietet als prominentes Beispiel einen on-demand Versicherungsschutz an. Für eine beliebige Nutzungsdauer können selbstgewählte Gegenstände per Klick versichert werden. Das Unternehmen kooperiert in Großbritannien mit der AXA und in den USA mit der Munich Re.

Snapsheet oder auch MotionsCloud gehen neue Wege in der Schadenregulierung. Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz verspricht man sich enorme Effizienzsteigerungen und letztendlich eine steigende Kundenzufriedenheit. Im Bereich Data Analysis sorgen beispielsweise Praedicat oder Amodo für Aufmerksamkeit. Praedicat automatisiert das Risikomanagement unter Verwendung von Advanced Analytics und hilft Haftpflichtversicherern, Risiken frühzeitig zu erkennen. Das Start-up wird unter anderen von der Allianz unterstützt.

InsureTechs als Hilfsmittel

InsurTechs mangelt es häufig an Kapitalausstattung, Kundenbasis, Markenbekanntheit und auch Fachkenntnissen (Regulatorik, Prozesse, Netzwerk). Ohne Kooperationsmodelle wird es schwierig, die ambitionierten Wachstumsziele zu erreichen.  Partnerschaften mit den etablierten Playern sind für InsurTechs eine logische Konsequenz und bieten Vorteile für beide Seiten. Ein kooperativer Ansatz steht auch bei den Versicherern hoch im Kurs. Von den weltweit 25 größten Versicherungsgesellschaften investieren knapp zwei Drittel in InsurTech-Startups. Deutsche Branchengrößen wie die Allianz oder Munich Re gehören zu den größten Investoren.

Die etablierten Versicherer sehen in den agilen InsurTechs ein Hilfsmittel, um die eigene Digitalisierung zu beschleunigen und Innovationen voranzutreiben. So verspricht man sich, auf wandelnde Kundenbedürfnisse der digitalen Generation besser vorbereitet zu sein. Dazu werden vielversprechende InsurTechs übernommen, um „in-house“ Kompetenzen weiterzuentwickeln oder auch Netzwerke mit Start-ups vorangetrieben.

Allerdings prallen hier zwei Welten aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Den digitalen Schnellbooten stehen oft veraltete IT-Systeme, komplexe Prozesse und starre Organisationsstrukturen entgegen. Es gilt große Hürden zu überwinden und traditionelle Strukturen aufzubrechen. Darüber hinaus ist eine starke Systemlandschaft und die Schaffung der richtigen Schnittstellen Voraussetzung für effektive Kooperationen mit InsurTechs. Man muss über die richtigen Werkzeuge verfügen, um sich mit den neuen Partnern effektiv zu vernetzen.

Viele Versicherer sind noch in Lauerstellung und warten ab, wie sich der InsurTech-Markt entwickeln wird, bevor sie aktiv werden und Investitionen tätigen. Hier liegt ein Risiko, wenn man das „window of opportunity“ verpasst.  Versicherer sollten sich also jetzt positionieren und sinnvolle Kooperationen eingehen. Allerdings müssen auch die eigenen Hausaufgaben gemacht werden, damit eine Kooperation fruchten kann. Eine leistungsfähige IT-Landschaft ist für effektive Kooperationen mit hoch technologisierten Startups unabdingbar und bildet das Fundament für zukunftsfähige Geschäftsmodelle.

Autoren: Mateusz Gbiorczyk, Lead Consultant bei Sollers Consulting und Tobias Hildebrandt, Support Consultant bei Sollers Consulting

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